Die B5-Elbbrücke in Lauenburg ist mehr als nur ein Bauwerk; sie ist ein chronisches Nadelöhr, ein Pendler-Albtraum und ein Symbol für den Sanierungsstau in Deutschlands Infrastruktur. Tausende Autofahrer im Kreis Herzogtum Lauenburg verbringen hier Jahr für Jahr unzählige Stunden im Stau. Doch nun gibt es einen entscheidenden Durchbruch: Die Planung der Ersatzquerung hat eine wichtige Hürde genommen. RZ Auto analysiert den aktuellen Stand, die gewählte Trasse und was das Großprojekt für den regionalen Verkehr bedeutet.
Die unendliche Geschichte der B5-Brücke
Die heutige Elbbrücke, die das südliche Schleswig-Holstein mit Niedersachsen verbindet, wurde bereits im Jahr 1951 in Betrieb genommen. Für die Anforderungen des modernen Schwerlast- und Pendlerverkehrs ist sie schlichtweg nicht mehr konzipiert. Die Konsequenz: wiederkehrende Sperrungen, Gewichtsbeschränkungen und ein permanenter Sanierungsbedarf. Das Bauwerk, dessen Zustand von den Behörden in die Kategorie 4 (ungenügend) eingestuft wird, ist ein zeitweiliger Kollaps des regionalen Verkehrs.
Die Planung einer entlastenden oder ersetzenden Querung zieht sich bereits über Jahrzehnte hin. Während die Politik diskutierte und die Planer Varianten prüften, mussten die Bürger die Konsequenzen tragen. Doch nach Jahren der Ungewissheit können Pendler nun aufatmen: Es gibt eine konkrete Richtung. Der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV.SH) hat sich gemeinsam mit den Planern auf einen Vorzugskorridor für das Ersatzbauwerk festgelegt. Dieser Schritt ist von elementarer Bedeutung, denn er schiebt das Großprojekt aus der reinen Theorie in die konkrete Planfeststellung.
Der große Durchbruch: Entscheidung für den Bestandskorridor
Die wichtigste Nachricht für alle Betroffenen ist, dass die neue Querung im Bestandskorridor entstehen soll. Das bedeutet, das neue Bauwerk wird sich in unmittelbarer Nähe der heutigen Brücke befinden – entweder direkt westlich oder östlich. Diese Entscheidung wurde nicht leichtfertig getroffen, sondern ist das Ergebnis eines umfassenden Abwägungsprozesses.
Die Planer hatten verschiedene Optionen auf dem Tisch, darunter eine West- und eine Ost-Trasse sowie die Option eines Elbtunnels. Die Wahl fiel auf den Bestandskorridor, weil er aus gleich mehreren Gründen die beste Lösung darstellt:
- Umweltschutz: Die Auswirkungen auf die Natur- und Landschaftsschutzgebiete, insbesondere auf die sensiblen FFH-Gebiete, sind bei der bestandsnahen Variante am geringsten. Das Ziel ist es, die ökologischen Eingriffe so gering wie möglich zu halten, was bei völlig neuen Trassen nur schwer möglich gewesen wäre.
- Kosten und Machbarkeit: Die Anbindung an die bereits existierenden Straßennetze der B5 und B209 ist hier am einfachsten und schnellsten zu realisieren, was die Gesamtkosten und die Bauzeit im Vergleich zu einer Neubautrasse voraussichtlich reduziert.
Derzeit sind noch zwei finale Varianten im Bestandskorridor in der engeren Auswahl. Das Bundesverkehrsministerium wird voraussichtlich im ersten Halbjahr 2026 endgültig entscheiden, welche dieser beiden Trassen realisiert wird. Erst dann beginnt die Detailplanung.
Mehr als nur eine Brücke: Die Nordumgehung als Schlüssel zur Entlastung
Die neue Elbquerung ist jedoch nur ein Teil der Lösung. Der wahre Game-Changer für die Lebensqualität in der Region ist die damit eng verbundene Ortsumgehung Lauenburg an der B 209 – die sogenannte Nordumgehung.
Jahrelang musste der gesamte Durchgangsverkehr durch die engen Straßen der Lauenburger Innenstadt und den Ortsteil Schnakenbek gepresst werden. Die ständige Lärm- und Abgasbelastung war für die Anwohner kaum noch tragbar. Ziel der Nordumgehung ist es, den Verkehr, der weder in Lauenburg noch in Schnakenbek ein Ziel hat, großräumig um die Stadt herumzuführen.
Die favorisierte Variante für die Nordumgehung sieht vor, den Verkehr nördlich um Lauenburg herum und westlich an Schnakenbek vorbeizuführen, um dann wieder auf die B 5 zu stoßen. Die Prognosen sind hier besonders optimistisch: Experten schätzen, dass die Verkehrsbelastung im Bereich der Lauenburger Innenstadt durch dieses Gesamtprojekt um rund 8.000 Fahrzeuge pro Tag sinken könnte. Das bedeutet nicht nur eine enorme Entlastung für die Anwohner, sondern auch kürzere Fahrzeiten für alle, die in der Region unterwegs sind und nicht im Stadtkern stoppen müssen.
Der Service-Check: Was bedeutet die Bauzeit für Pendler?
Für Autofahrer im Herzogtum Lauenburg ist die wichtigste Frage: Droht uns während des Baus ein jahrelanges Verkehrschaos?
Hier können die Planer beruhigen. Ein essenzieller Aspekt der Planung im Bestandskorridor ist die Aufrechterhaltung der Mobilität. Es ist klar vorgesehen, dass die alte Elbbrücke – die momentan bereits bis voraussichtlich Ende 2025 saniert wird, um ihre Standfestigkeit zu gewährleisten – so lange wie möglich weiter als Verkehrsader genutzt wird. Eine Vollsperrung des gesamten Elbquerungsverkehrs über Jahre hinweg wird somit ausgeschlossen. Der Verkehr soll aufrechterhalten bleiben, bis das neue Bauwerk fertiggestellt ist.
Nach der Fertigstellung verspricht das neue Projekt eine deutliche Verbesserung der Verkehrsqualität:
- Höhere Tragfähigkeit: Wegfall von Gewichtsbeschränkungen, was für den Wirtschaftsverkehr von unschätzbarem Wert ist.
- Kürzere Pendelzeiten: Durch die Umgehung und eine leistungsfähigere Querung wird die Fahrt durch das südliche Herzogtum Lauenburg spürbar schneller.
- Bessere Lebensqualität: Lärm- und Abgasbelastung in Lauenburg und Schnakenbek werden massiv gesenkt.
Ausblick: Ein langer Weg mit klarem Ziel
Das Projekt der neuen Elbquerung und der Nordumgehung ist ein Mammutprojekt. Es umfasst eine Trassenlänge von insgesamt über 10 Kilometern und die neue Brücke wird selbst über 900 Meter lang sein. Die Festlegung auf den Vorzugskorridor ist zwar ein Meilenstein, aber es ist erst der Beginn.
Als Nächstes folgen das aufwendige Planfeststellungsverfahren und die detaillierte Bauplanung. Einen konkreten Baubeginn nennen die Behörden noch nicht – man spricht von vielen Jahren Bauzeit. Dennoch ist klar: Das Vorhaben hat höchste Priorität und bewegt sich nun mit Entschlossenheit vorwärts. Für die Autofahrer im Herzogtum Lauenburg ist das die Gewissheit, dass das Verkehrsdrama Lauenburg in einigen Jahren endlich ein Ende haben wird und eine moderne, leistungsfähige Verkehrsanbindung an der Elbe geschaffen wird.
Weiterführende Informationen und Quellen:
Als Service-Magazin bieten wir Ihnen hier die direkten Links zu den offiziellen Stellen für vertiefende Informationen:
- LBV.SH Projektseite: Hier finden Sie aktuelle Pressemitteilungen, Mitschnitte der Informationsveranstaltungen (zuletzt Herbst 2025) sowie alle Dokumente zum Planungsstand.
- Bundesverkehrswegeplan (BVWP): Daten und Nutzen-Kosten-Verhältnis zur Ortsumgehung Lauenburg (B 5 OU Lauenburg Nord).
- Aktuelle Verkehrslage: Informationen zu Staus, Baustellen und Sperrungen im Kreis Herzogtum Lauenburg.